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Nachruf auf Prof. Dr. Bernhard Vogel

Ministerpräsident a.D. Rheinland-Pfalz
Ministerpräsident a.D. Thüringen
Träger der Peter-Altmeier-Medaille 2005

 

(Persönliche) Gedanken anlässlich seines Todes am 02. März 2025

von Hubert Luszczynski, Präsident

 

Eine Fußlänge voraus…

Rudi Geil, Ehrenträger des Jahres 2004 und damaliger Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, hielt die Laudatio auf Dr. Bernhard Vogel, als dieser 2005 aus den Händen des damaligen Präsidenten der Peter-Altmeier-Gesellschaft, Dr. Heinz-Peter Volkert, die Peter-Altmeier-Medaille erhielt. In diesem Jahr hätte Bernhard Vogel den 20. Jahrestag seiner Ehrung begehen können. Dazu wird es leider nicht kommen.

Nach langer Krankheit hat sein Tod am vergangenen Sonntag dieses Jubiläum verhindert. Seitdem trauern wir als Peter-Altmeier-Gesellschaft mit den vielen Menschen in Deutschland, die ihn schätzten, unterstützten oder ihm nahestanden.

 

Etwas Persönliches zuerst

Ich begegnete Bernhard Vogel zum ersten Mal 1980. Damals war ich persönlicher Referent von Staatssekretär Dr. Christoph Stollenwerk im Mainzer Kultusministerium. Der "MP" - wie der Ministerpräsident kurz genannt wurde - hatte für den späten Nachmittag alle Leiter der Ministerbüros und persönliche Referenten zu einem Umtrunk in die Staatskanzlei geladen. Nach einer freundlichen Begrüßung am Eingang gingen wir in den Keller, der wie eine Bar eingerichtet war. Auf dem Weg nach unten merkte ich, dass es nicht leicht war, mit Bernhard Vogel Schritt zu halten. Mit seinen Schritten war er immer eine Fußlänge voraus. Wie sich bald herausstellte, war es eine Kleinigkeit mit Symbolcharakter!

 

Ein politischer Philosoph...

Bernhard Vogel unterhielt sich gerne mit den Neuen. Er wusste, dass uns das Studium der Politikwissenschaft verband. So sprach er mich auf Begriffe wie Demokratietheorie, Demokratisierrung und Partizipation an. Bald tauschten wir uns über ihre Bedeutung für die politische Praxis unter den Bedingungen von Freiheit und Verantwortung aus. Da sich Demokratietheorien und Demokratisierung in westlichen Verfassungsstaaten auf die Gesetzgebung durch parlamentarische Repräsentanten beziehen, stimmten wir darin überein, dass ihre Übertragung auf bereits durch Recht und Gesetz definierte staatliche Institutionen ausschied. Partizipation hingegen nicht. Hier ging es ihm um die Zusammenführung unterschiedlicher Willensäußerungen. Heute würden wir von Teamentwicklung zur kompetenten Lösung von Aufgaben durch politische Führung sprechen - einer Führung, die eine Lösung zur Sicherung oder Erweiterung der Freiheit im Auge haben musste. Freiheit als Maßstab und Ziel der Politik bei jeder Risiko- und Folgeabwägung politischen Handelns nicht beliebig, sondern auf der Grundlage der Prinzipien des Naturrechts, der katholischen Soziallehre und der Verfassung.

Im Gespräch mit Bernhard Vogel lernte ich einen Politiker kennen, der auch geistig-moralisch einen Schritt weiter war als andere. Seine praktisch-gestalterischen Überlegungen waren vom Geist unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung und ihrer Gesetze durchdrungen und nie auf ihren Wortlaut verengt. Indem er auf diese Weise positives Denken mit menschenrechtlichen Maßstäben verband, war er dazu imstande, politisch vorauszudenken. Daraus erwuchsen seine Neugier und sein Gestaltungswille. Sie befähigten ihn zu tragfähigen, oft parteiübergreifenden Kompromissen. Seine oft in Reden verwendete Formulierung offenbarte dieses Denken, wenn er beispielsweise sagte: „Es ist richtig, dass .... - Aber, meine Damen und Herren, es ist auch richtig...“. Damit konnte er die Menschen ansprechen und sie zur Zustimmung bewegen. Was manchem politischen Pragmatiker in seiner Partei ein Gräuel war, war eine Freude für jene, die wie er den Geist der freiheitlich-demokratischen Ordnung verinnerlicht, vertreten und in ihrem Handeln lebendig gehalten haben.

Auf diese unnachahmliche Weise war er sein ganzes langes Leben lang als politischer und geistig-moralischer Schrittmacher eben immer eine Fußlänge voraus. Die Zusammenarbeit mit ihm stellte sowohl eine Herausforderung als auch eine Freude dar. Damit stand er in der Nachfolge unseres Namensgebers Peter Altmeier.

Darum werden wir Bernhard Vogel als politisches Vorbild gerne in Erinnerung behalten.